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Hörgeschädigte Dartspieler: Deutsche Meisterschaften in Pfullingen

Während die Profis des Steel Dart bei ihrem Präzisionssport mit spitzen Pfeilen auf Sisal-Scheiben zielen und per Hand von ihren 501 Startpunkten herunterrechnen, bevorzugen die Hörbehinderten die elektronische Variante mit leichteren Dartpfeilen und zählen von 301 abwärts. Sonst ist nichts anders

Hörgeschädigter Sportler im Magic Pool in Pfullingen.  FOTO: BERNKLAU
Hörgeschädigter Sportler im Magic Pool in Pfullingen. FOTO: BERNKLAU

PFULLINGEN. Warum hörbehinderte Sportler Dart spielen? Nun, warum nicht? Es ist einfach eine von vielen Sparten im Sportverband für Schwerhörige. Am Samstag hielten die hörbehinderten Dartspieler im Pfullinger Billardcenter Magic Pool ihre deutschen Meisterschaften ab, die dritten.

Eingeladen hatte die Hörgeschädigten-Gruppe des Stuttgarter SV Vaihingen. Sie war dran als Ausrichter und suchte eine Spielstätte mit möglichst vielen E-Dart-Scheiben. Das gibt es im Magic Pool: acht Stück. Im Vorjahr hatte man im westfälischen Wormeln auf bloß drei Bahnen einen ganzen Samstag über bis Mitternacht spielen müssen. Der Tipp kam von dem Mössinger Dartspieler Reinhard Utz, der für Vaihingen startet.

»Sie haben angefragt, und wir haben Ja gesagt«, erzählt Marion Oswald, die das Billardcenter Spielhalle schon um 9 Uhr, statt wie üblich fünf Stunden später, für die schwerhörigen Sportler öffnete. Inhaber Farhad Shahverdi ließ seine Mitarbeiter die Gästen vom Schwerhörigen-Sportverband auch bei der Organisation unterstützen. Der DSSV hat bundesweit gut 300 Mitglieder. »Leider werden es weniger, gerade beim Nachwuchs«, bedauert Vizepräsident Reinhard Schmiedl, weil die einstigen Sonderschulen als Info-Plattformen inzwischen der Inklusion Hörbehinderter an Regelschulen Platz gemacht haben.

Während die Profis des Steel Dart bei ihrem Präzisionssport mit spitzen Pfeilen auf Sisal-Scheiben zielen und per Hand von ihren 501 Startpunkten herunterrechnen, bevorzugen die Hörbehinderten die elektronische Variante mit leichteren Dartpfeilen und zählen von 301 abwärts. Sonst ist nichts anders. In der Mitte gibt es Bull und Bull’s Eye mit 25 und 50 Punkten. Dann folgen nach außen die »Triple«-Segmente gemixt von 1 bis 20, die einfachen und schließlich ganz außen auf dem schmalsten Ring die »Doubles«, mit denen exakt auf Null abgeschlossen werden muss.

Die 17 angereisten Spieler, darunter auch zwei Frauen, kamen aus Hamburg, Hannover, Kassel und Vaihingen, überwiegend mit dem Zug. Auch der generell sportbegeisterte Matthias Kroll vom BV Mühlacker hatte sich angemeldet, dessen Spezialdisziplin eigentlich eher Badminton ist. Aber Dart liebt er auch.

Kroll erzählt, dass weder die Sportverbände der Gehörlosen noch der Schwerhörigen bei den Paralympics starten dürfen, aber dass die Verbände eigentlich sogar älter sind. Deren »Deaflympics« gab es erstmals 1924 in Paris. Zu den Sommerspielen 2021 erwartet man im brasilianischen Caxias do Sul wieder rund 3 000 Gehörlosen-Sportler. »Dart ist da leider noch nicht dabei«, bedauert Matthias Kroll, aber Badminton schon.

Amtierender deutscher Meister beim Dart ist Marc Späte vom SSC Hannover, Vize sein 16-jähriger Sohn Lukas. »Ich würde ihn schon ganz gerne mal schlagen«, gesteht der Filius. Zu den Favoriten zählen auch Vereinskollege Martin Stelzer und die Kasseler Topspieler Frank Simon und Harald Schön, verriet Organisator und DSSV-Sportwart Reinhard Schmiedl beim Beginn am Morgen.

Es reichte nicht ganz, bis zum Nachmittag mit den rund 300 Ausscheidungsrunden, Mannschaftswettbewerben und Einzelduellen durch zu sein. Im Finale siegte Marc Späte gegen seinen Hannoveraner Vereinskameraden Martin Stelzer und verteidigte damit seinen Titel. Sohn Lukas kam immerhin auf Platz 4.

Die Mannschaftswertung war eine Sache der Norddeutschen: Der Hannoveraner SSC siegte klar vor Kassel, Hamburg und den abgeschlagenen süddeutschen Vertretern aus Vaihingen und Mühlacker. Der Mössinger Reinhard Utz sicherte dem SV Vaihingen im Einzel immerhin den 5. Rang. (GEA)

 

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